Warum Pferde Koliken und Magengeschwüre bekommen können

In diesem Artikel:

    Magenerkrankungen bei Pferden, wie Magenschleimhautentzündungen (Gastritis) oder Magengeschwüre (Ulzera), sind leider keine Seltenheit. Im Gegenteil: Sie treten häufiger auf, als man vielleicht denkt. Heute ist die allgemeine Auffassung nicht mehr, dass dieses Problem nur bei Pferden auftritt, die große Mengen an Kraftfutter erhalten, sondern, dass der Magen des Pferdes auf viele äußere Faktoren wie Fütterung, Stress und Medikamente reagiert und die Symptome meist kein einheitliches Krankheitsbild zeigen.

     
    Eine endgültige Diagnose kann nur durch eine Gastroskopie gestellt werden. Im Folgenden wird erläutert, wie Magengeschwüre bei Pferden entstehen und mögliche Wege für eine erfolgreiche Behandlung aufgezeigt.

    Magengeschwüre und Magenprobleme bei Pferden sind nicht selten

     

    Mehrere Studien zeigen, dass bis zu 57 % der Fohlen Anzeichen von Magenproblemen zeigen, ebenso 93 % der Rennpferde und 60 % der Sportpferde aus allen Disziplinen. Nicht jedes Magenproblem führt automatisch zu Magengeschwüren, aber jedes Magenproblem ist ernst zu nehmen und wirkt sich oft auch auf die allgemeine Gesundheit des Pferdes aus.


    Die genannten Zahlen stammen überwiegend aus Studien, die in normalen Reit- und Zuchtställen durchgeführt wurden. Die heutige Pferdehaltung, primär bei Freizeitreiter*innen und Hobbyzüchter*innen, hat sich allerdings zum Positiven für die Pferde verändert. Die Haltung im Offenstall oder eine Fütterung mit reduziertem Kraftfutter und freiem Zugang zu Raufutter haben die Problematik in dieser Gruppe deutlich reduziert. Dennoch zeigen auch hier etwa 30 % der Pferde Anzeichen von Magenproblemen, mit leicht steigender Tendenz. 

     

    Dass Magengeschwüre bei sogenannten Hobbypferden heute häufiger festgestellt werden, liegt vermutlich auch daran, dass man früher einfach davon ausgegangen ist, dass diese Gruppe damit keine Probleme hat. Heute weiß man jedoch, dass Stress, Stoffwechselstörungen, bestimmte Kräuter (z. B. Ingwer, Teufelskralle usw.) oder sozialer Druck innerhalb der Herde am Ende der Weidesaison (z. B. Konkurrenz um Futter) bereits ausreichen können, um Magenprobleme auszulösen.


    Zudem wurden solche Probleme früher oft erst sehr spät erkannt, weil über die Hälfte der Pferde sehr unspezifische Symptome zeigt. Zu Beginn der Weidesaison, wenn das Futter auf frisches Gras umgestellt wird und die Bewegung zunimmt, normalisieren sich die Beschwerden meist von selbst.

     

    Wie entstehen Magengeschwüre, Koliken und andere Magenprobleme bei Pferden?

     

    Unsere Wildpferde verbringen den Großteil des Tages mit Fressen, vor allem von strukturreichem, kohlenhydratarmem Gras. Dadurch produziert die Magenschleimhaut rund um die Uhr Magensäure, nicht nur dann, wenn gerade Nahrung verdaut wird.

    Im Gegensatz zu uns Menschen, die ständig Speichel produzieren und schlucken, wird Speichel beim Pferd nur während des Kauens gebildet. Dabei spielt der Speichel als Puffer gegen die Magensäure eine wichtige Rolle. Oft füttern wir zu viel Kraftfutter und zu wenig Raufutter, die Fresspausen zwischen den Mahlzeiten sind zu lang und die Zahl der speichelbildenden Kaubewegungen nimmt deutlich ab.

    Trotzdem wird weiterhin Magensäure produziert, was dazu führt, dass die schützende Schleimhautschicht und schließlich die Magenwand angegriffen werden. Der obere Teil des Magens, etwa ein Drittel, ist nicht mit einer schleimhautschützenden Schicht ausgestattet, da dieser Bereich nicht dafür vorgesehen ist, mit der sauren Nahrung aus dem unteren Magenbereich in Kontakt zu kommen.

    Gelangt die aggressive Magensäure in diesen empfindlichen Abschnitt, reizt oder schädigt sie das Gewebe. Es entstehen oberflächliche Entzündungen, die sich, wenn sie dauerhaft gereizt werden, zu echten Magengeschwüren entwickeln und kleinen Kratern ähneln können. In besonders schweren Fällen kann es, wenn keine rechtzeitige Behandlung erfolgt, sogar zu einem Durchbruch der Magenwand kommen. In einem solchen Fall muss das Pferd eingeschläfert werden, da es sonst einen qualvollen Tod erleiden würde.

     

    Wissenswertes:

     

    • Pferde sind von Natur aus Weidetiere, die bis zu 20 Stunden am Tag grasen


    • Pferde produzieren kontinuierlich Magensäure, auch dann, wenn sie nicht fressen


    • Sobald ein Pferd Futter aufnimmt, wird durch die Kaubewegung die Speichelproduktion angeregt. Der Speichel neutralisiert unter anderem den Mageninhalt und schützt die Magenwand vor der ätzenden Säure


    • Speichel ist ein natürlicher Puffer gegen Magensäure


    • Fresspausen von mehr als vier Stunden sollten vermieden werden, da sie das Risiko einer Übersäuerung erhöhen


    • Die gebildete Magensäure greift ungeschützte Bereiche des Magens sowie die schützende Schleimhaut an und reizt empfindliches Magengewebe

     

    Weitere Ursachen für Magengeschwüre bei Pferden:

     

    Man spricht vom sogenannten Equine Gastric Ulcer Syndrome: Einem Ursachenkomplex, bei dem meist mehrere Faktoren zusammentreffen, die schließlich dazu führen können, dass ein Magengeschwür behandelt werden muss. Heute sind viele Pferde einem hohen Maß an Stress ausgesetzt.


    Dabei geht es nicht nur um Stress, der durch Haltungsbedingungen, Training oder Transport entsteht. Häufig handelt es sich auch um inneren Stress, ausgelöst durch Krankheiten, Schmerzen, Stoffwechselprobleme oder die psychische Wirkung der Menschen, die mit dem Pferd arbeiten. All diese Einflüsse können die Magensäureproduktion negativ beeinflussen, da diese auch teilweise hormonell gesteuert wird.

     

    Zusammenfassung der Ursachen:

     

    • Falsche Fütterung (zu viel Kraftfutter, zu lange Pausen zwischen den Fütterungen, Unruhe während der Fütterungszeiten, fehlende Liegeflächen)

     

    • Fohlen, die auf der Weide gehalten werden und keinen schattigen Ruheplatz haben, können massive Magengeschwüre entwickeln


    • Stress, ausgelöst durch menschlichen Umgang (Training, Transport, Turniere)


    • Stress durch andere Pferde (Rangordnungskämpfe)


    • Stress infolge von Krankheit (Schmerzen, Stoffwechselerkrankungen, chronische Infektionen usw.)


    • Medikamente (z. B. Schmerzmittel oder andere Arzneimittel), die die Durchblutung des Magens beeinträchtigen können


    • Larven der Dasselfliege (häufige Ursache für Schleimhautreizungen)


    • Bei einer Kolikbehandlung oder -operation in der Klinik ist das Pferd sowohl psychischem als auch körperlichem Stress ausgesetzt


    • Eine eingeschränkte Futtergabe (z. B. nach einer OP, bei Kolik, krankheitsbedingter Appetitlosigkeit, Hufrehe usw.) bedeutet eine massive Stresssituation für das Pferd

     

    • Die Hormone Kortisol und Adrenalin werden vermehrt ausgeschüttet und gelten laut einer Studie (Gehlen H., Schmitz R., Kläring A., 2014) als Auslöser für eine gesteigerte Magensäureproduktion, was wiederum zu Schleimhautreizungen führen kann

     

    In einer Studie aus dem Jahr 2014 wurden Pferde, die an Kolik erkrankt waren, nach der Behandlung genauer untersucht, mit alarmierendem Ergebnis:


    Starke Schmerzen, die Behandlung selbst, möglicher Transport sowie eingeschränkte Futteraufnahme führten zu massiven Stressreaktionen.

     

    Bei der Kolikbehandlung sind Pferde körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Hormone wie Kortisol und Adrenalin werden vermehrt ausgeschüttet und fördern die Produktion von Magensäure.

     

    Die Kombination aus Magensäure, Futterentzug und Medikamentengabe führte innerhalb weniger Tage bei 80 % der Pferde zu Schleimhautreizungen. Das bedeutet, dass die schützende Magenschleimhaut an vielen Stellen vollständig fehlte und die empfindliche Magenwand der aggressiven Säure schutzlos ausgeliefert war. Infolgedessen war nicht nur der drüsenfreie, ohnehin weniger geschützte Bereich des Magens betroffen.

     

    Symptome bei Pferden mit Magengeschwüren

     

    Es gibt eine Vielzahl von Anzeichen, die auf Magengeschwüre beim Pferd hindeuten können.

    Anzeichen für Magenprobleme bei Fohlen:

    • Durchfall, sehr flüssiger Kot


    • Entwicklungsverzögerung / Unterentwicklung


    • Schlechte Fellqualität


    • Wiederkehrende leichte Koliken


    • Aufgeblähter Bauch


    • Starke Speichelbildung


    • Liegt auf dem Rücken

     

    • Unterbricht das Säugen


    • Zähneknirschen


    • Fieber oder verändertes Blutbild

     

    Bei erwachsenen Pferden unterscheiden sich die Symptome von denen der Fohlen.

     

    Anzeichen für Magenprobleme bei erwachsenen Pferden:

    •  Wiederkehrende leichte Koliken nach Kraftfuttergabe


    • Frisst schlecht oder sortiert bestimmte Bestandteile aus


    • Allgemeine Schwäche


    • Gewichtsverlust


    • Leistungsabfall


    • Schlechter Atem


    • Zähneknirschen


    • Aufstoßen


    • Flehmen


    • Luftschlucken


    • Apathisches Verhalten und / oder Verhaltensänderungen


    • Steifer oder zurückhaltender Gang, insbesondere im hinteren Bereich und vor allem im Trab


    Nicht alle Symptome müssen gleichzeitig auftreten. Ein Pferd, das beim Reiten mit den Zähnen knirscht und wenig Appetit zeigt, kann bereits Magengeschwüre haben, ohne dass es bereits deutlich an Leistung verloren hat.

    Mein Pferd hat Magengeschwüre. Was soll ich tun?

     

    Zunächst steht natürlich die richtige Diagnose im Vordergrund. Diese kann eigentlich nur durch eine Gastroskopie zuverlässig gestellt werden. In der Regel erfolgt diese stationär in einer Klinik. Manche mobile Tierärzt*innen mit entsprechender Ausrüstung können die Untersuchung aber auch vor Ort durchführen.


    Damit Magen und Magenschleimhaut mittels Endoskops begutachtet werden können, muss das Pferd etwa 12 Stunden nüchtern sein. Schon diese Umstellung, mit oder ohne Transport zur Klinik, kann leichte Schleimhautreizungen auslösen, was bei der Untersuchung berücksichtigt werden sollte. Ein Blutbild allein liefert keine eindeutigen Hinweise (leicht erhöhte Entzündungswerte, Eisenmangel, niedriger Hämoglobinwert oder Blut im Kot bei entsprechenden Symptomen können jedoch Verdacht auf ein Magengeschwür erhärten).


    Häufig erfolgt direkt eine medikamentöse Therapie, um die Magensäureproduktion zu reduzieren. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist aber, die auslösenden Faktoren zu beseitigen. Studien zeigen, dass vor allem ein optimiertes Fütterungsmanagement Übersäuerung und die Entstehung von Magengeschwüren deutlich reduzieren kann. Auch auf Reisen sollte auf ausreichend Raufutter geachtet werden.


    In klinischen Studien zu Magengeschwüren unter der Leitung von Prof. Coenen zeigte sich, dass Haltung und Fütterung einen großen Einfluss auf das Krankheitsbild haben. Pferde, die einzeln in Boxen standen, auch bei freiem Zugang zu Raufutter, hatten häufiger Magengeschwüre als Pferde, die in Gruppenboxen gehalten wurden und regelmäßig Auslauf bekamen. Neben geregelten Fütterungszeiten spielt die Art der Ration eine zentrale Rolle. Mehrere Studien belegen, dass eine hohe Energiezufuhr, insbesondere über Getreide, das Risiko für Magengeschwüre deutlich erhöht.


    So lag der pH-Wert des Mageninhalts 3,5 Stunden nach der Fütterung von Kraftfutter mit herkömmlichem Fertigfutter bei 4,87. Nach einer Fütterung mit Heu hingegen lag der pH-Wert bei 3,83. Grund ist die mangelnde Durchmischung des Mageninhalts bei Kraftfutter. Durch die geringere Speichelbildung wird das Futter nicht ausreichend verdünnt und die Magensäure kann sich nicht gleichmäßig verteilen. Das verlängert die Verweildauer im Magen, erhöht die Säurereaktion und die Temperatur, was die Aktivität von Bakterien begünstigt. Dadurch steigt nicht nur der pH-Wert im Futterbrei, sondern es kommt zu unerwünschten Gärprozessen im Inneren.


    Beim Fressen von Heu entstehen bis zu 6 Liter Speichel pro Kilogramm. Bei pelletiertem Futter sind es nur 1,5 bis 2 Liter pro Kilo. Reduziere also die Menge an Kraftfutter, verteile es auf mehrere kleine Portionen und biete so oft wie möglich Heu an, um die Kaudauer zu verlängern. Vermeide längere Fresspausen. Kraftfutter kann z. B. mit Luzernehäcksel (Mindestlänge 4 cm) gemischt werden. Um das Risiko für Magengeschwüre oder -reizungen zu senken, sollte die Kraftfuttermenge pro Gabe 0,3 kg pro 100 kg Körpergewicht nicht überschreiten. Heu sollte in ausreichender Menge (mindestens 1,5 kg pro 100 kg Körpergewicht pro Tag) angeboten und stets vor dem Kraftfutter verfüttert werden. Auch auf Transporten sollte Raufutter zur Verfügung stehen. Bestehender Stress muss unbedingt reduziert oder ganz vermieden werden. Bedenke: Pferde mit viel Auslauf gehören selten zu den typischen Magengeschwür-Kandidaten.

     

    Heulage ist wegen ihres Milchsäuregehalts nicht ideal

     

    Das A und O bei Magengeschwüren ist eine langfristig nachhaltige Behandlung. Die Heilung der Magenschleimhaut braucht Zeit. Ziel sollte es neben einem passenden Fütterungsplan sein, die Magensäure zu puffern und die Schleimhaut ernährungsphysiologisch wieder aufzubauen.
    Als initiale Akutbehandlung bei diagnostizierten Magengeschwüren wird häufig Omeprazol gemäß tierärztlicher Anweisung eingesetzt. Eine langfristige Hemmung der Magensäureproduktion kann jedoch dazu führen, dass die Säureproduktion nach Absetzen sprunghaft ansteigt und die Schleimhäute nicht heilen, sofern die Ursache nicht behoben wurde.


    Eine nachhaltigere Lösung bietet ein Ergänzungsfuttermittel wie Gastro Care, das zusammen mit einer kleinen Menge Kraftfutter gefüttert wird, um die Magensäure zu puffern. Es wirkt der Übersäuerung entgegen und bildet eine Schutzschicht über bestehenden Magengeschwüren, sodass diese ungestört abheilen können. In einer irischen Pilotstudie mit GastroCare von NutriScience (PDF) wurden selbst schwere Fälle erfolgreich behandelt.


    Auch eine Studie, die wir bei der Pferdeklinik München-Parsdorf in Auftrag gaben, kam zu denselben Ergebnissen und bestätigte die Resultate einer früheren Untersuchung (PDF).

     
    Ein positiver Nebeneffekt aus der irischen Studie: Schon nach kurzer Zeit zeigten alle behandelten Pferde eine deutliche Gewichtszunahme und verbesserten Muskelaufbau. Pferde, die zuvor Luft geschluckt hatten, hörten damit fast vollständig auf – ebenso junge Pferde und Fohlen, sofern rechtzeitig mit der Behandlung begonnen wurde.


    Fazit:

    Die Art und Weise der Fütterung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Schleimhautreizungen und Magengeschwüren. Neben falschem Fütterungsmanagement können auch Stress, Krankheiten, Medikamente und psychische Belastungen Auslöser sein. Erwachsene Pferde mit Magengeschwüren zeigen meist nur Symptome der Stufen 2 oder 3 auf einer vierstufigen Skala, bei Fohlen treten Symptome bereits früher auf (Stufe 1). Eine sichere Diagnose ist nur durch eine Gastroskopie möglich. Wichtig ist, die auslösenden Faktoren weitgehend zu beseitigen. Nur dann hat die Therapie, die bis zu vier Monate dauern kann, Aussicht auf Erfolg.


    Von Thomas Kranz – Ernährungsberater für Pferde.

     

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